An meinem runden Geburtstag habe ich beschlossen, die nächsten 50 Jahre möchte ich nur noch geduzt werden und zurückduzen. 🙂
Als Selbstständiger steht man vor der Entscheidung, ob man seine Kundschaft duzen oder siezen möchte. Das betrifft die Ansprache auf der Website, im Blog und natürlich in der direkten Zusammenarbeit.
Nicht nur am Beginn einer Selbständigkeit, sondern auch in der Phase einer Neu-Positionierung deiner Personenmarke ist es spannend, darüber nachzudenken.
Heute möchte ich meine Erfahrungen mit dir teilen, wie das rückblickend bei mir war, um dir ein paar Anstupser für eigene Überlegungen zu bieten.
Am Anfang meiner Selbstständigkeit
In den ersten Jahren meiner Selbstständigkeit habe ich das Sie gebraucht, wie ein Jedi-Ritter seine Rüstung. Damals habe ich als Personal Trainerin Führungskräfte und Unternehmer im Einzeltraining mit Laufen, Pilates, Entspannung fit gemacht. Einige Klienten davon waren „wirkliche“ Millionäre mit eigenem Schwimmbad, Koch, persönlichem Assistenten, Securtiy Dienst und Helikopter. Da fühlte ich mich manchmal unsicher, wenn mein 10-Jahre-alter Toyota neben einem Porsche stand.
Mit dem „Sie“ wollte ich meine Kunden bewusst auf Distanz halten. Zwar war der überwiegende Teil höflich, doch es gab auch ein paar, die waren ziemlich fordernd und sahen in mir den Butler, der sofort beim Läuten der Glocke springt.
Start als Business-Coach
Auf meiner ersten Website habe ich anfänglich meine Kunden ebenfalls gesiezt. Ich wollte nämlich unbedingt als Profi wahrgenommen werden und dazu gehörte für mich das Sie. Auch nebenan im Blog habe ich meine Kunden nicht geduzt, das hätte ich mich damals nie getraut. Neben dieser Höflichkeitsform brauchte ich eine weitere „Schreibkrücke“; in meinen ziemlich neutral formulierten Blogartikel verwies ich gerne auf andere Experten.
Wenn ich heute meine ersten Blogartikel lese, schmunzel ich jedes Mal über meine kryptischen Schreibanfänge und freue mich über meine Entwicklung.
Schreiben ist Freiheit
„Ich habe keine Lust mehr vernünftig zu sein.“
Mein Pippi-Langstrumpf-Gen wollte endlich „humorvoller und zechereinzigartig schreiben.“
Ab 2012 fing ich an, mich in mehreren Schreibcoachings weiterzubilden.
Wunderbar in diesem geschützen Raum und mit voller Konzentration aufs Schreiben löste ich meine Bremsen im Kopf und bekam Zugang zu meiner Tonalität. Was für ein Gaudi. Ich verabschiedete mich vom Sie und brachte endlich das du auf die Straße …
Meine Sprache wurde zunehmend lebendiger, echter und das Schreiben professioneller. Diese Veränderung bemerkten auch meine Coaching-Klienten und ich bekam bald den ersten Auftrag für einen Tierarzt die Website zu konzipieren und zu texten. Herrlich, Menschen dabei zu unterstützen, trockenes Wissen in lebendige Angebote zu verwandeln.
Mein persönliches Fazit:
- Meine Sorge nicht als Expertin wahrgenommen oder Kunden zu verlieren, weil ich vom Sie ins du gewechselt habe, war unbegründet. Vielmehr habe ich durch diese bewusste Entscheidung meine Wunschkunden gewonnen, die lebendige Texte schätzen.
- Meine Kunden entscheiden selbst, ob sie mich im Netz oder in der Zusammenarbeit lieber duzen oder siezen und wählen instinktiv die richtige Ansprache.
- Für mich ist ausschließlich entscheidend, ob die Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist und wir miteinander respektvoll umgehen.
- Immer wenn ich über die Ansprache nachgedacht habe, befand ich mich im Prozeß der inneren Positionierung.
- Kunden beurteilen die Qualität eines Leistungsangebotes nicht nur nach der jeweiligen Anrede, sondern auch nach der Tonalität, dem Lesernutzen und welche Persönlichkeit dahinter steckt.
„Du“ oder „Sie“? 5 Fragen, die dir weiterhelfen
Welche Gefühle, Fakten, Erfahrungen verbindest du mit der jeweiligen Ansprache?
Welcher Gedanke bereitet dir Freude?
Welche Bedenken hast du gerade?
Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?
Welche Informationen/Menschen können dir jetzt weiterhelfen?
Ich freue mich auf deine Kommentare hier im Blog. Du kannst mich weiterhin siezen, wenn du magst.
P.S. Wie hätte die Queen wohl diese Frage beantwortet?
Neueste Artikel von Ulrike Zecher (alle ansehen)
- #Gesichter: Interview mit Susanne Ackstaller (Texterella) - 11. September 2023
- SEO-Blogartikel? Tauch nach Plankton – trotz KI-Rausch! - 15. August 2023
- 11 x mehr Kohlensäure für trockene Texte! - 5. August 2023
Hallo Ulrike,
klasse Erfahrungsbericht, der die unterschiedlichen Schritte auf deinem Weg nachvollziehbar beschreibt.
So wie ich dich aus Social Media, Blog und vom Telefon her kenne, kann ich sagen, dass zu deiner frischen, lebendigen Art die „Du-Ansprache“ super passt 🙂
Lieben Gruß
Jutta
Hallo Jutta,
danke dir für die schöne Rückmeldung. Da „Schreiben ja Freiheit“ ist, kann ich als Schreibcoach für meine Kunden auch wieder vom du ins Sie schlüpfen. 🙂 – Ich freue mich auf deinen Blogartikel zu diesem Thema. Lieben Gruß, Ulrike
Hallo Ulrike,
für mich als *Tirolerin* ist das *DU* ja stets nahe …
und da ich in meinem Wirken und Tun mich in einem spirituellen Feld bewege,
dort den Menschen *im feinstofflichen Feld* sehr NAHE bin (komme) ist es für mich nur naheliegend auch hier das DU zu verwenden.
Und noch nie hat jemand *komisch* darauf reagiert, stets voller FREUDE ..
und diese WELLE der FREUDE teile ich mit DIR …
mit einem Herzensgruß
Daniela
Guten Morgen Daniela,
dein frischer, energetischer Morgengruß ist gerade hier im Rheinland angekommen. Für dich auch einen Tag voller Freunde mit deinen Kunden. Wunderbare Grüße, Ulrike
Guten Morgen Tina,
ich kenne dich auch aus Juttas geschlossener Facebook Grunppe 🙂
Das ist das, was ich so an Social Media schätze: Wenn alle Sichtbarkeitskanäle ineinander fließen. – Siezen kannst du mich gerne, wenn wir uns dann persönlich in Biberach treffen. 🙂 Liebe Grüße, Ulrike
Ein wirklich toller Beitrag. Ich kann Deine Entwicklung völlig nachvollziehen. Mir persönlich ging es auch so, dass mit dem „Du“ das Schreiben so viel leichter wurde. Mit dem „Sie“ stolperte ich oft in Passivkonstruktionen, Schwurbelsätze, usw. Sicherlich schließt man vielleicht einige potentielle Kunden aus, aber ob diese Menschen wirklich zu Kunden geworden wären – wahrscheinlich eh nicht, wenn es da schon nicht paßt.
Herzliche Grüße
Katharina
Liebe Katharina,
zum Glück gehören die Schwurbelsätze schon der lange der Vergangenheit an.
Heute lese ich klar strukturierten Content auf deiner Website. Liest sich gut.
Wunderbare Grüße,
Ulrike
Liebe Ulrike,
ja, das Wichtigste ist und bleibt das Gefühl, das ich zum DU oder SIE habe und natürlich meine Haltung. In meinem Selbstständigsein gab und gibt es ganz verschiedene Phasen und Kontexte, also immer wieder Bewegung und Wechsel und jedes Mal eine klare Postion.
Als Inhaberin eines mittelständigen Unternehmens begegnete ich auf der Business-Ebene meinen Gesprächspartnern mit einem SIE. Mit Geschäftsfreunden war ich per DU.
Als Yogalehrerin und -therapeutin war das DU selbstverständlich.
Als Dozentin und Referentin war und ist ein SIE je nach Ort und Thema mal erwünscht und mal verpönt.
Als Unternehmensberaterin gehört für mich das SIE zum guten Ton, auch in der Gründungsberatung.
Als Coachin schätze ich das SIE gegenüber meinen Coachees sehr.
Als Netzwerkerin ist hier ein SIE angemessen und dort ein DU üblich.
Als Kooperationspartnerin wird es manchmal persönlich, dann wechseln wir vom SIE zum DU.
Als Schriftstellerin spreche ich meine Leserinnen und Leser per SIE an. Das halte ich auch so als Bloggerin.
Als Selbstständige entstehen manchmal zu ganz besonderen Mandanten Freundschaften. Auch dann wird aus einem SIE ein DU.
Mit anderen Worten, ich stehe sehr zu meiner Vorliebe, dem SIE. Und ich liebe das DU in besonderen Fällen.
Herzich grüßt DICH vom Schreib- und Zeichentisch
Brigitte
Liebe Brigitte,
wie schön, dass wir am Zeichentisch am Starnberger See direkt ins DU gewechselt haben. – Freue mich von dir im Netz zu lesen und auf neue Zeichnungen von dir. Wunderbare Grüße, Ulrike
Hallo liebe Ulrike,
schöner Artikel und die Kommentare zeigen, dass FRAU und MANN es so machen sollten, wie sie sich gut fühlen.
Mir widerstrebt es, mir total fremde Menschen, die mich anrufen, mit einem DU zu überfallen. Also bin ich per SIE auf der Website und im Blog und am Telefon. Ich bin sogar per Sie auf FB, was vielleicht ungewöhnlich ist – aber ich wollte eine einheitliche Linie (wer mich auf FB duzt, den duze ich zurück).
Ich fühle mich damit sehr wohl und ich habe nicht den Eindruck, dass es meiner Arbeit einen Abbruch tut. Ich finde, es kommt eh auf die Tonalität an. Ich habe mich von Internet-Dienstleistern schon unangenehm „zwangsgeduzt“ gefühlt, bei anderen hingegegen entstand spontane Nähe und Sympathie „trotz“ Sie.
Liebe Grüße
Sylvia
,
Liebe Sylvia,
herzlichen Dank für deine Sichtweise. – Ja, du hast recht: Das Wichtigste ist, dass wir uns wohlfühlen und die Tonalität der Texte zur eigenen Persönlichkeit passt.
Auf meiner relaunchten Website bin ich meinem Schreib-Du treu geblieben und im (Schreib-)Coaching gibt es weiterhin Kunden, die ich sieze.
Wunderbare Grüße,
Ulrike
Hallo Ulrike,
erfrischend kluger Beitrag, der mich nochmal mehr motiviert hat, für meinen Teil endlich mit der „Siezerei“ aufzuhören.
Gerade in den letzten Wochen habe ich in vielen persönlichen Begegnungen die Erfahrung gemacht, wie unproblematisch, ja meistens erwünscht das DU ist.
Und wie Du auch schreibst: es kommt auf die Tonalität an. Und auf die innere Stimmigkeit.
Ich habe Dich übrigens über den Totenhemd-Blog von Annegret und Petra gefunden. Annegret ist eine liebe Freundin.
Mein Gefühl: wir werden auch noch näher kontakten. Freue mich drauf!!!
Liebe Grüße
Gabriele
Liebe Gabriele,
von du zu du. Ich freue mich auch drauf, näher zu kontakten.
Wunderbare Grüße,
Ulrike