Blogger-Honorare zum Heulen oder zum Jubeln?
Was passiert, wenn sich zwei Jäger treffen? Dann sind beide tot. – Treffen sich zwei Bloggerinnen; heulen sie über ihre Honorare.
So dramatisch verläuft ein Treffen zwischen zwei leidenschaftlichen Bloggern an einem Montagmorgen nicht.
Bloggerhonorar ist – neben Autoren-Persönlichkeit, Early-Bird-Schreiben und ein bisschen Plaudern über Hemmingway – ein wichtiges Thema beim gemeinsamen Kaffee mit Walter Epp gewesen. Sind Honorare für Blogger angemessen oder eher zum Heulen?
Diese Frage möchte ich hier beantworten. Um dir – oder möglichen Auftraggebern – den zeitlichen Aufwand transparent zu machen, habe ich die einzelnen Arbeitsschritte aufgelistet. Wenn du bereits regelmäßig bloggst, kannst du deine „Zeiten“ in den nächsten Tagen gerne individuell messen.
Bei dieser Zeitananalyse gehe ich davon aus, dass du einen Blogartikel mit Lesernutzen schreiben möchtest: am Ende des Artikels weiß der Leser, was er konkret tun muss oder gelernt hat… Die Diskussion, wie lang jetzt der ideale Blogartikel sein sollte, haben schon andere geführt. Darauf verzichte ich hier.
So kalkuliere ich die einzelnen Arbeitsschritte für einen Blogartikel
Themenwahl/Recherche: 30
Konkreten Lesernutzen + Arbeitstitel konzipieren: 20
Blogartikel konzipieren: 30
Blogartikel Entwurf/Rohfassung schreibe: 60
Blogartikel überarbeiten:60
1 Korrekturschleife mit Kunden: 60
Blogartikel eingeben, SEO-optimieren, Describtion: 20
Bild-Content konzipieren/recherchieren: 60
Blogartikel veröffentlichen: 10
Honorare für Blogger
In meiner Kalkulation komme ich hier auf einen Aufwand von 300 Minuten. Unter sogenannten Laborbedingungen: Alles läuft rund und der gesamte Prozess ist mit dem Auftraggeber vereinbart. Auf der Basis meines Honorars als Schreibcoach würde ich dem Auftraggeber folgende Rechnung ausstellen. Diese vereinfachte Kalkulation beinhaltet nicht die monatlichen Kosten eines Blogs und keine redaktionelle Suchmaschinenoptimierung.
60 Minuten = 90,- € netto als Schreibcoach
300 Minuten = 450,- € netto
Milchmädchenrechnung der Auftraggeber:
Das ist also meine Rechnung als Bloggerin. Auf der Unternehmensseite wird allerdings nach meinen Erfahrungen nicht nur mit spitzem Bleistift, sondern auch wie ein Milchmädchen (eher wie ein Milchjunge) gerechnet:
Frau Zecher, können Sie nicht einen Blogartikel für uns schreiben, dann bekommen Sie … eine enorme Reichweite, einen Link, eine Autorenbox. Nein, über ein Bezahlmodell für Blogger haben wir nicht nachgedacht. Aber so ein Blogartikelchen schreibt sich doch fast von alleine ….
Die Angebote sind teilweise so unverschämt, dass ich verzweifelt überlege: „Ist das jetzt wirklich die Realität oder spiele ich gerade in einer Comedy mit…?“
Vor 14 Tagen habe ich eine sehr schöne Einladung zu einem neuen Online-Projekt von einer Zeitung bekommen. Mein Blogger-Herz ist direkt auf 200 Schläge pro Minute hochgefahren, weil ich mit einem Blick gesehen habe, wie großartig die Vision hinter diesem Projekt ist. Also habe ich im Netz zum Thema Bloggerhonorare recherchiert und bin auf den nützlichen Beitrag von Sandra Lachmann vom Blogland gestoßen. Am Ende des Artikels findest du die Einstiegshonorare für Blogger. Sandra schreibt dazu.
… indem ich eine “Drunter geht gar nicht”-Grenze für Blogger definiere, die keine blutigen Anfänger mehr sind.
Stundensatz: ab 60 Euro
Tagessatz: ab 350 Euro
exklusiv erstellter Artikel: ab 150 Euro
immer zzgl. Reisekosten
Aufgrund dieser Empfehlung habe ich überlegt, welches Angebot ich für die Zusammenarbeit mit einem Online-Magazin abgeben möchte:
Mein Ziel: Ich möchte bei diesem Jahres-Projekt pro Blogartikel 300,- € pro Artikel bekommen.
Daraufhin kam die Rückfrage des Auftraggebers, ob ich denn regelmäßig für sie bloggen möchte. Mein Antwort: „Was ist für Sie regelmäßig. Pro Woche, pro Monat oder einmal im Jahr? Im nächsten Gespräch einigten wir uns auf zunächst vier Blogartikel.
„Prima, vier Blogartikel x 300,- € sind dann insgesamt = 1.200,- €„. „Nein, nein, das hätte ich jetzt ganz falsch verstanden: 300,- € für alle vier Artikel.“ Solche Situationen überlebe ich nur mit Lach-Yoga….
Verstehe mich bitte richtig. Mir geht es darum, dass bei einem guten Geschäft immer beide Seiten profitieren und nicht nur eine. Dazu gehört selbstverständlich das Aushandeln eines Preises, der von unterschiedlichen Faktoren abhängt. Mit diesem Beitrag möchte ich dich sensibilisieren, wie du den Wert deiner Arbeit als Blogger berechnest.
5 Tipps für die Kalkulation des Bloghonorars:
-
- Erfasse deine Arbeitszeiten mit einer Zeiterfassung-App.
- Tausche dich ehrlich mit anderen Bloggern aus.
- Nenne selbstbewusst dein Stundenhonorar.
- Bleibe in Verhandlungen auf Augenhöhe.
- Sage Nein zu unterirdischen Angeboten
- Kenne deine Preise.
- Lass dich nicht mit falschen Versprechungen ködern.
Du willst lernen, wie du nützliche Blogartikel schreibst? Dann maile mich an.
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Liebe Sissi,
ich wünsche dir einen guten Start in eine neue (Blog-) Woche mit vielen, wertschätzenden Auftraggebern.
Herzlichen Dank für deinen Kommentar,
Schöne Grüße aus Düsseldorf,
Ulrike
Hallo Ulrike,
vielen Dank für diesen Artikel. Nach meiner Meinung müsstest Du die Kalkulation sogar noch verdoppeln. Warum? Viele Blogger vergessen den langfristige Werbeeffekt bzw. Nutzen ihres Blogs für das jeweilige Unternehmen. Nehmen wir an, du schreibst einen Artikel für 350 Euro (natürlich unter Beachtung der Richtlinien von Google) und dieser Artikel generiert im Monat eine zusätzliche Leserschaft von 500 Besuchern, von denen wiederum 100 Besucher über deinen Artikel bzw. Link oder Banner auf die Seite des Unternehmens gelangen, von denen wiederum 50 Leute etwas kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen pro Aktion für 25 Euro.
50 Euro x 25 = 1250 Euro x 12 Monate macht 15.000 Euro Umsatz. Vielleicht ist die Rechnung eventuell etwas übertrieben, es wird jedoch offensichtlich, wie billig ein Großteil der Blogger immer noch abgespeist werden. Wie sieht es in der Print-und TV Branche aus? Dort investieren die Unternehmen Monat für Monat neues Geld. Was logisch ist. ARD, ZDF, RTL & Co würden sich ja auch nicht den 30 Werbespot nur einmal bezahlen lassen und die restliche Zeit läuft dieser dann kostenlos.
Vielleicht findet bald ein Umdenken ab.
Viele Grüße,
Robert
DANKE für diesen Blickwinkel, Robert. Ich finde, dein Beitrag ist ein zusätzliches Argument für eine ordentliche Kalkulation. –
Ja, über ein Umdenken auf beiden Seiten würde ich mich auch freuen. Liebe Grüße, Ulrike
Danke für die transparente Kalkulation. Dass die meisten Blogger sich bei Honoraren für Werbung nicht in die Karten schauen lassen, führt zu diesem respektlosen Preisdumping. Immer wieder werden bei mir sponsored Posts angefragt – für 50 € oder einen 20€ Einkaufsgutschein. Dass sich diese Firmen nicht schämen. Sie fallen damit für alle Zeiten aus meiner persönlichen Einkaufswelt schon mal raus. Das Zusenden des Mediakits mit angemessen Vergütungen bedeutet in der Regel das Ende der Kommunikation … und ward nie mehr gesehen. Es finden sich immer noch genug Blogger, die in 4 Stunden einen Produkttest für 25 € verfassen… oder für einen Kerzenständer. Insofern lieber nur ganz wenige Werbekooperationen, die aber fair entlohnt – solche Firmen stelle ich dann auch gerne vor.
Mit Gruß, Katja
Liebe Katja,
du hast recht, die Firmen und auch an manche Blogger sollten sich „schämen“ so zu arbeiten.
Schöne Grüße und herzlichen Dank für deinen Kommentar.
Ulrike
Schöner Artikel, der es endlich mal auf den Punkt bringt. Die meisten Blogger/innen verkaufen sich leider weit unter Wert. LG aus Bochum